Geschichte der Diözese Wolhynien

Die evangelischen Kirchspiele in Wolhynien

(von Richard Benert)

Einführung: Gründung der Kirchspiele

Es ist immer interessant, oft hilfreich und ab und zu notwenig, das Kirchspiel zu kennen, zu welchem der Wohnort unserer Vorfahren gehörte. Unser momentaner Kenntnisstand ist gekennzeichnet durch einen Mangel an zuverlässigen Quellen und hindert uns, aus gesicherten Beschreibungen jede wolhynische Ortschaft einem Kirchspiel zuzuordnen. Aber auf der Grundlage einiger maßgebenden, die zumindest einige Ortschaften dem jeweiligen Kirchspiel zuordnen, können wir zielgerichtete Vermutungen zu den nicht aufgelisteten Orten aufstellen. Eine weitere Hilfestellung gab Ewald WUSCHKE, der, wie es scheint, die Kirchspielgrenzen ziemlich genau auf Karten von Polnisch- und Russisch-Wolhynien einzeichnete, in seinen Ausgaben der "Wandering Volhynians" (März und September 1990 1). Als Ergänzung druckte er in der Märzausgabe von 1991 ein Ortsverzeichnis von etwa 900 wolhynischen Orten, die jeweils den Kirchspielen zugeordnet wurden. Die Ausgabe dieses Journals ist in der SGGEE-Bibliothek vorhanden. Obwohl nicht fehlerfrei, sind dies nützliche Quellen. Zahlreiche wolhynische Ortschaften sind auch in der online verfügbaren Odessa-Bibliothek auf bzw. Für viele der genannten Ortschaften wird das Kirchspiel jedoch nicht aufgeführt.

Nachfolgende Informationen basieren auf drei Quellen, die wichtigste von ihnen ist Pingoud aus dem Jahr 1909. Eine englische Übersetzung der Abschnitte über die wolhynischen Kirchspielen erstellte Ewald WUSCHKE, sie wurde in den "Wandering Volhynians" veröffentlicht (September 1989 bis September 1990). Die anderen zwei hilfreichen Quellen sind Eduard Kneifel von 1971, der die Kirchspiele von West-Wolhynien erörtert und Hugo Karl Schmidt von 1992, der sich ebenfalls auf Polnisch-Wolhynien beschränkt, aber die Pastoren jedes Kirchspiel auflistet, einschließlich der von Ost-Wolhynien. Die von den drei Autoren angegebenen Fakten und Zahlen wurden hier ungeprüft übernommen. (Anmerkung des Übersetzers: genaue Titelangaben siehe Ende dieser Seite)

Da Wolhynien mehrmals in geographisch kleinere Kirchspiele geteilt wurde, die später nochmals unterteilt wurden, gehörten die meisten Ortschaften während ihrer Existenz als deutsche Kolonien zu zwei oder drei verschiedenen Kirchspielen. So gehörte z.B. ein Ort aus dem Kirchspiel Emiltschin vor 1896 (als das Kirchspiel Emiltschin gegründet wurde) zum Kirchspiel Heimthal und vor 1869 (als das Kirchspiel Heimthal gebildet wurde) zum Kirchspiel Shitomir. Oder ein Ort im Kirchspiel Rowno gehörte von 1888 bis 1902 zum Kirchspiel Tutschin und vor dem Jahr 1888 zum Kirchspiel Shitomir. Man muß das Jahr eines Ereignisses kennen, um einordnen zu können, zu welchem Kirchspiel der Ort in diesem Jahr gehörte. Das heißt, daß zu beachten ist, zu welchem ehemaligen Kirchspiel ein neues Kirchspiel gehörte und wann es gegründet wurde. Gerade dann, wenn ein Kirchspiel aus einzelnen Teilen anderer älterer Kirchspiele neu formiert wurde (Beispiel Tortschin im Jahr 1930), ist es notwendig, weitere Nachforschungen anzustellen, um zu erfahren, zu welchem älteren Kirchspiel ein Ort gehörte. Das mag nicht einfach sein. Selbst der Unterschrift des Pastors auf einer Personenstandsurkunde, gewöhnlich ein zuverlässiges Zeugnis darüber, in welchem Kirchspiel das Ereignis sich abspielte, kann man nicht immer trauen, weil in Zeiten, in denen ein Kirchspiel ohne Pastor war, dieses vom Pastor eines Nachbarkirchspiels betreut wurde.

Die Ortlisten auf dieser Seite basieren hauptsächlich auf der Quelle aus dem Jahr 1909, mit kleineren Ergänzungen von KNEIFEL. Viele Ortschaften trugen den gleichen Namen. Wo es möglich war, wurde der Name einer nahegelegene Stadt oder ein Dorfes mit aufgeführt, um eine Unterscheidung von Ortschaften gleichen Namens zu erleichtern. Der Familienforscher sollte die Liste aller Kirchspiele durchsehen um festzustellen, ob der Ortsname in mehr als nur einem Kirchspiel erscheint. Mit Ausnahme einiger von KNEIFEL in polnisch benannten Ortschaften wird hier die deutsche Schreibweise der Orte beibehalten. Falls für einen Ort mehrere Namen bekannt sind, werden diese aufgeführt, außer es handelt sich lediglich um verschiedene Schreibweisen ein und desselben Namens.

Für die Ortschaften der Kirchspiele Shitomir, Rowno, Wladimir-Wolynsk und Luzk unterscheidet die Quelle aus dem Jahr 1909 zwischen Eigentümerkolonien und Pachtdörfer. Diese Dörfer sind mit einem Sternchen * gekennzeichnet. Für die Kirchspiele Heimthal und Emiltschin werden Pachtdörfer und Kolonien unterschieden, was vermuten läßt, daß Kolonien und Eigentümerkolonien hier gleichbedeutend sind. Diese Kolonien erhalten auch einen Sternchen. Keine solcher Unterscheidungen wurden bei den Ortschaften der Kirchspiele Tutschin, Nowograd-Wolynsk, Roshischtsche und Radomysl gemacht.

1(Anmerkung des Übersetzers: Im März 1990 erschien eine Kopie der Lück-Karte für West-Wolhynien aus dem Jahr 1927 auf die Größe der Heftreihe verkleinert mit eingezeichneten Kirchspielgrenzen vom Autor. Im September 1990 wurde die Stumpp-Karte für Ost-Wolhynien aus dem Jahr 1961 abgedruckt, auch verkleinert und mit den Kirchspielgrenzen.)

Zeichenerklärung

" * " Kennzeichnung für Eigentümerkolonien
" + " bezeichnet eine Ortschaft mit einer Schule (und einem darin genutzten Betsaal)
" ~ " steht für eine Ortschaft mit eigener Kapelle

Für ein besseres Verständnis wurde in den nachfolgenden Texten der russische administrative Begriff "Ujesd" mit dem deutschen Wort "Kreis" übersetzt.

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Die Kirchspiele in Wolhynien und das Jahr der Gründung

 

1801 Shitomir  
1863 Roshischtsche ausgegliedert aus Shitomir
1869 Heimthal ausgegliedert aus Shitomir
1888 Tutschin / Tuczyn ausgegliedert aus Shitomir
1889 Nowograd Wolynsk ausgegliedert aus Shitomir
1891 Wladimir Wolynsk ausgegliedert aus Roshischtsche
1896 Emiltschin ausgegliedert aus Heimtal
1899 Luzk ausgegliedert aus Roshischtsche
1901 Radomysl ausgegliedert aus Kiew
1902 Rowno ausgegliedert aus Tutschin
1930 Tortschin ausgegliedert aus Roshischtsche, Luzk und Wladimir Wolynsk
1936 Dubno ausgegliedert aus Rowno
1936 Kostopol ausgegliedert aus Tutschin
1937 Kowel ausgegliedert aus Wladimir-Wolynsk, Roshischtsche und Rowno
1938 Josefin ausgegliedert aus Roshischtsche

Siehe auch das Diagramm


Anmerkungen des Übersetzers: Nachfolgend genannte deutschsprachige Quellen lagen bei der Übersetzung im Originaltext vor, entsprechende Abschnitte wurden verglichen, ergänzt und als Quellverweis dem Text hinzugefügt.)

Quellen:

PINGOUD, G.: "Die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rußland", herausgegeben von der Unterstützungs-Kasse für Evangelisch-Lutherische Gemeinden in Rußland; Band 1: "Der St. Petersburgische und der Moskowische Konsistorialbezirk", St. Petersburg, 1909

KNEIFEL, Eduard: "Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen 1555 - 1939", Selbstverlag des Verfassers, Vierkirchen 1971

SCHMIDT, Hugo Karl: "Die evangelisch lutherische Kirche in Wolhynien", Marburg 1992

Englischer Originaltext von Richard Benert
Übersetzung und Bearbeitung: Gerhard König

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