Kirchspiel Roshischtsche

Kirchspiel Roshischtsche (gegr. 1862)

Die ersten evangelischen Siedler kamen um 1816 aus der Gemeinde Neudorf-Neubrow im Gouvernement Grodno in diese Region. Nach dem ersten polnischen Aufstand von 1832 kamen Tuchweber in großer Zahl. 1837 wurde ein Bethaus in Groß-Wolnanka (Welnianka) gebaut. Noch mehr Siedler erreichten die Kreise Luzk, Kowel und Wladimir-Wolynsk kurz vor und nach dem zweiten polnischen Aufstand, es waren Deutsche aus Polen und Deutschland. 1862 wurde ein Kirchspiel mit Sitz in Roshischtsche für diese Kreise eingerichtet. Zu dieser Zeit gab es bereits aktive evangelische Gemeinden in den Kolonien Welnianka, Olganowka, Walerianowka, Tarnowola, Zapust, Stanislawka, Marianowka, Cecylowka, Stanislawowka, Antonowka, Wincentowka, Aleszkowicze, Jozefin und Nowa Ziemia.

Das neue Kirchspiel wurde 10 Jahre lang von einem Vikar betreut (Heinrich WASEM, und ab 1863 Eduard Johann Heinrich ROSENBERGER), bis es mit Paul HIRSCH im Jahr 1872 seinen eigenen Pastor bekam. Eine steinerne Kirche wurde in Roshischtsche von 1875 bis 1878 erbaut. Das Kirchspiel zählte vor 1890 schon ca. 100 Predigtorte mit 40.000 Gemeindegliedern und bedurfte daher einer Aufteilung. So wurden 1888 das Kirchspiel Tutschin und 1889 das Kirchspiel Nowograd-Wolynsk aus Roshischtsche ausgegliedert. 2) Selbst nach dieser Teilung zählte das Kirchspiel Roshischtsche noch über 18.000 Gemeindeglieder im Jahr 1910.

Während der Neuformierungsperiode nach dem 1. Weltkrieg stellte Generalsuperintendent Julius BURSCHE vom Warschauer Konsistorium den Westteil von Wolhynien (nach den Beschlüssen von Riga im Jahr 1921 "Polnisch Wolhynien" genannt) unter die Administration des Lubliner Superintendenten Alexander Eduard SCHÖNEICH. Theodor BERGMANN wurde aus Cholm gesandt, um die Kirchspiele Roshischtsche und Wladimir-Wolynsk ab 1919 zu betreuen. (Erhard TORINUS betreute ebenfalls zwei Kirchspiele, Rowno und Tutschin. Sein Nachfolger für beide Kirchspiele wurde Georg RUSNOK. Trotz der "Polonisierungs"-Tendenzen von BURSCHE und SCHÖNEICH wurden die Deutschen im neuen "Polnisch"-Wolhynien ermutigt, sich ihre deutsche Sprache und Kultur zu erhalten.). BERGMANNs Nachfolger, Rudolf KERSTEN, weihte am 24. Juni 1924 das bekannte Greisenheim in Roshischtsche ein. Auch weit über die Region hinaus bekannt war das jährlich in Roshischtsche stattfindende Johannisfest, welches stets tausende Besucher anzog.

1938 wies Bischof BURSCHE der Kirche in Jozefin ein selbständiges Kirchspiel zu, mit Gottesdiensten in polnischer Sprache und er versuchte, fünf deutsche Familien aus der Nachbarschaft zur Mitgliedschaft zu zwingen. Pastor HENKE unterstützte diese deutschen Familien bei ihrer Verweigerung. Ein ähnlicher Fall ereignete sich in der Ortschaft Olischkowitsch, wo HENKE sich den "Polonisierungs"-Bestrebungen von BURSCHE widersetzte, ein weiteres polnisches Kirchspiel einzurichten. 11)

Die Pastoren des Kirchspiels Roshischtsche

1862 – 1863 Heinrich Martin David WASEM, Vikar
1863 – 1871 Johann Heinrich Eduard ROSENBERGER, Vikar
1872 – 1879 Paul Ottokar Theodor HIRSCH, Pastor
1887 – 1888 Ernst ALTHAUSEN, Vikar
1879 – 1903 Georg Friedrich KERM
1904 – 1906 Arnold Gottfried HOFFMANN
1908 – 1913 Guido Robert Thaddäus RADASEWSKY
1914 – 1915 Friedrich Heinrich SCRIBA
1919 – 1921 Theodor BERGMANN
1921 – 1924 Rudolf KERSTEN
1924 – 1940 Rudolf Reinhold HENKE
1938 – 1939 Oskar KRAMPITZ, Vikar

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Evangelische Gemeinden im Kirchspiel Roshischtsche

(fast alle Ortschaften hatten Schulen mit Betsälen)


Alexandrowka+ Kopatschewka (Kopaczowka)+ Sapust (Zapust)+ (bei Roshischtsche)
Alt-Rokin Koschelowka (Koszelowka)+ Sapust-Boratin+
Apollonia-Babje+ Marianowka+ (bei Holoby) Schitschinek (Zyczynek, Szczynik)+~ (später im Kirchspiel Wladimir)
Bjeloschew (Bielaszow, Byeloschew)+ Mathildow (Matyldow, Matuldow)+ (bei Tortschin) Serniki (Sernik)+
Brischtsche I and II (Bryszcze)+
Michailowka+ Stanislawowka+ (bei Roshischtsche)
Demitrowka (Dmitrowka)+ Milaszew Stanislawowka+~ (bei Bresalup)
Dombrowo-Goloby+ Miroslawka+ Stawiszyn
Dombrowo-Salasje+ Nemer (Niemier, Nimier)+ Swobodarka+
Dombrowo-Witschin+ Neu-Dorossin (Dorosin, Dorosinie Nowe)+ Tagatschin (Tahaczyn)+
Dubnik (Dubniki)+ Nikolajewka+ (bei Boddebecy) Tarnowole (Tarnowola)+
Friedrichowka (Frydrychowka)+ Olganowka+ Tortschin (Torczyn)
Glinischtsche (Gliniszcze)+ Olischkowitsch (Oleszkowiec)+(mit einer Holzkirche) Valerianowka (Walerjanowka, Styr Kolonie)+
Gross-Gluscha+ Omelno+ Vizentowka+
Gross-Paproc Oserze+ Wincentowka-Klementowka
Helenow+ (bei Zapust) Plaschew (Plaszewo, Plaszowo, Johannestal)+ Wolnanka (Wolnianka)+
Helenowka-Sokul+ Rokin+ Zapust (Sapust)+ (bei Roshischtsche)
Jozefin (Josefine)+ (bei Kijasch oder Kijaz) Romanow I and II+ Zapust-Boratin+
Jozefin (Josefine)+(mit einer Holzkirche) (bei Trostenez or Trostieniec) Romanowka+ Zyczynki
Julianow+~ (bei Tortschin) Roshischtsche (Rozyszcze)(mit einer Steinkirche)
Klein-Gluscha+ Sabara+

Zeichenerklärung

" * " Kennzeichnung für Eigentümerkolonien
" + " bezeichnet eine Ortschaft mit einer Schule (und einem darin genutzten Betsaal)
" ~ " steht für eine Ortschaft mit eigener Kapelle


Quellen:

PINGOUD, G.: "Die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rußland", herausgegeben von der Unterstützungs-Kasse für Evangelisch-Lutherische Gemeinden in Rußland; Band 1: "Der St. Petersburgische und der Moskowische Konsistorialbezirk", St. Petersburg, 1909

2) ebenda, Seiten 210 – 212

KNEIFEL, Eduard: "Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen 1555 - 1939", Selbstverlag des Verfassers, Vierkirchen 1971

11) ebenda Seiten 192 – 194

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